Badekultur im Mittelalter
Mit dem Untergang des Römischen Reiches ging auch die hohe Kultur des Bades und der Körperpflege unter. In Europa herrschten nur sehr rudimentäre hygienische Bedingungen, zahlreiche Krankheiten, nicht zuletzt die Pest, konnten sich deswegen ausbreiten. Ein islamischer Kalif schrieb im Jahr 973, die Europäer würden sich nur ein- bis zweimal pro Jahr reinigen und ihre Bekleidung gar nicht waschen, sondern vielmehr so lange tragen, bis diese vor Schmutz selbst zerfiele. Der damals populäre Kirchenprediger Augustinus riet Christen, höchstens einmal im Monat zu baden. Rechtschaffene Mönche sollten sich überhaupt nur vor Ostern und vor Weihnachten waschen. Baden wurde als ausschweifender Luxus betrachtet, der mit den christlichen Tugenden nur schwer vereinbar war.
Aber es gibt auch Gegenbeispiele: So zählte Schwimmen zu den nötigen „ritterlichen Fertigkeiten“, und viele Adelshöfe verfügten über Badeeinrichtungen.
Im Zuge von Eroberungen durch die Mauren breitete sich im 8. Jahrhundert die islamische Badekultur auch in Europa aus. Im 14. Jahrhundert entstanden sogar prunkvolle Thermen in Granada.
Im Zusammenhang mit den Kreuzzügen kamen im 16. Jahrhundert auch Badestuben nach Europa. Diese waren theoretisch nach den Geschlechtern unterteilt, praktisch aber badeten oft die Geschlechter gemeinsam nicht nur im selben Raum, sondern auch im selben Becken. Gewöhnlich folgte erst eine Reinigung im Wasserbecken und anschließend ein Schwitzbad. Trotz der sehr strengen Moralvorschriften wurde das Schwitzbad komplett unbekleidet genommen, während im Wasserbad Frauen und Männer ihre Blöße oft durch eine lockere Schürze bedeckten. Doch nicht jeder konnte sich ein Wasserbad leisten, deswegen ließen viele den ersten Teil aus und begaben sich direkt ins Schwitzbad. Das Schwitzbad ist mit den heutigen Saunen vergleichbar. Im Gegensatz zum antiken Rom, gab es keine Wasserleitungen, das Wasser wurde in Kesseln erhitzt, die gleichzeitig als Heizung fungierten. Erhitzte Steine wurden mit kalten Wasser übergossen, um Dampf zu erzeugen. Um noch mehr ins Schwitzen zu kommen, schlugen sich die Menschen mit aus Pflanzen gemachten Ruten. Wer es sich leisten konnte, bezahlte einen „Reiber“, der den Körper sauber schrubbte.
Die Badehäuser dienten aber nicht nur der Reinigung. Hier kamen die Menschen zusammen, um zu speisen und sich zu unterhalten.
In den Badehäusern konnte man auch einen Aderlass vornehmen, sich einen Zahn ziehen oder die Haare schneiden lassen. Gerade diese „Nebentätigkeiten“ waren die eigentliche Haupteinnahmequelle der Bader. Die Bader hatten nicht nur die Funktion eines Barbiers und Arztes, sondern wurden oft auch als Heiratsvermittler tätig. Nicht selten wurden die Badehäuser auch heimlich für Prostitution genutzt und gerieten deswegen in Verruf.